„Ein lang vergessenes Gespräch“

Dass ein Versicherungsnehmer irgendwann nicht mehr weiß, welche Versicherungsverträge er im Einzelnen abgeschlossen hat und welchen konkreten Leistungsumfang diese haben, ist nur menschlich, insbesondere dann, wenn man die Betreuung seiner Versicherungsangelegenheiten in die Hände eines Versicherungsmaklers gegeben hat. Zumindest dieser sollte aber den Überblick behalten.  

Herr I, der vormals als Chemiearbeiter beschäftigt gewesen war, bezog bereits seit zwei Jahren eine gesetzliche Berufsunfähigkeitsrente, als er sich daran erinnerte, Jahre zuvor den Versicherungsmakler M beauftragt zu haben, ihm eine private Berufsunfähigkeitsversicherung zu vermitteln. Eine entsprechende Versicherungspolice konnte I in seinen Unterlagen jedoch nicht finden und ein anschließendes Telefongespräch mit dem M bestätigte die aufkommenden Befürchtungen: Eine Berufsunfähigkeitsversicherung war nie abgeschlossen worden! I war aufgebracht, drohte mit Klage und verwies auf einen im Jahr 2006 abgeschlossenen Maklervertrag. Nun war es an M zu recherchieren und tatsächlich gab es einen schriftlichem Maklervertrag vom 27.06.2006. Darin hatte der I den M mit der Betreuung und Verwaltung seiner Versicherungsverträge beauftragt. Ausgenommen sein sollten lediglich Sozialversicherungen und die Sachversicherungsverträge mit Bezug zur Immobilie des Kunden. Außerdem hatte M sich im Maklervertrag verpflichtet, dem I Verträge „zur Absicherung der Familie vor finanziellen Risiken“ zu vermitteln. Weitere Unterlagen waren zunächst nicht auffindbar und M konnte sich auch nur noch bedingt an das damalige Kundengespräch erinnern.  Es war somit höchst unklar, ob es wirklich einen Kundenauftrag zum Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung gegeben hatte und – falls ja – wem es anzulasten war, dass kein Vertrag zustande gekommen war. Angesichts des vertraglich sehr weit definierten Maklerauftrags war eine Haftung von M jedenfalls nicht per se auszuschließen und da I deutlich erklärt hatte, seine Forderungen nötigenfalls gerichtlich durchsetzen zu lassen, musste natürlich eine Schadensmeldung zur Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung erfolgen.

Der Vermögensschaden-Haftpflichtversicherer sah allerdings keinen Handlungsbedarf, solange I seine Vorwürfe nicht schriftlich präzisiere. Das geschah dann zwar mittels eines Anwaltsschreibens, allerdings beschränkte man sich darauf, vorzutragen, dass bei ordnungsgemäßer Beratung ein Vertrag mit einer monatlichen Berufsunfähigkeitsrente von 750 EUR zugunsten des I hätte abgeschlossen werden müssen und forderte ein Haftungsanerkenntnis dem Grunde nach. Ob I überhaupt gegen das Risiko Berufsunfähigkeit hätte versichert werden können und – wenn ja – zu welchen konkreten Konditionen, blieb offen. Auch hatte man nicht berücksichtigt, dass I bei Abschluss eines Versicherungsvertrages im Jahr 2006 mit Versicherungsprämien belastet gewesen wäre, die schadensmindernd in Abzug zu bringen wären. Dementsprechend erging ein Hinweis an die Anspruchstellerseite, doch bitte schlüssig zu den hypothetischen Leistungen einer Berufsunfähigkeitsversicherung und den eigenen Schadensersatzforderungen vorzutragen. Stattdessen wurde jedoch unmittelbar Klage erhoben, allerdings nicht auf Zahlung eines bestimmten Betrages, sondern auf Feststellung, dass der Versicherungsmakler verpflichtet sei, dem Kläger den Schaden zu ersetzen, der dadurch entstanden sei/ entstehen würde, dass dieser keine Berufsunfähigkeitsversicherung abgeschlossen hätte. Obwohl Versicherungsmakler M zwischenzeitlich gegenüber dem Kläger eingeräumt hatte, eine Pflichtverletzung begangen zu haben und auch noch eine kurze Notiz aufgetaucht war, mit der dokumentiert worden war, dass man 2006 tatsächlich über eine Berufsunfähigkeitsversicherung gesprochen hatte, entschied der Vermögensschaden-Haftpflichtversicherer, dass der Versuch unternommen werden sollte, die Klage abzuwehren. Denn die Zweifel, dass eine Berufsunfähigkeitsversicherung zugunsten von I hätte abgeschlossen werden können, waren dadurch natürlich nicht ausgeräumt. Zudem gab es keine Hinweise darauf, dass das Gespräch derart konkret geworden wäre, dass I ernsthaft von einem Vertragsschluss ausgehen durfte, beziehungsweise in seinem Vertrauen auf das Zustandekommen eines Versicherungsvertrages schutzwürdig gewesen wäre. Das sah schlussendlich auch das angerufene Gericht so und wies die Klage mit Blick auf § 254 BGB (Mitverschulden) ab.

Fazit:

Die bei Vermittlung eines Versicherungsvertrages gesetzlich vorgesehene Beratungsdokumentation wird allzu oft nur als lästige Pflicht begriffen, obwohl sie für den Vermittler einen wichtigen Beitrag zur Enthaftung leisten kann. Im vorliegenden Fall hätte möglicherweise aber auch schon ein besser formulierter Maklervertrag geholfen. Gerade wenn ein Versicherungsmakler nicht in allen Versicherungssparten für seine Kunden tätig werden möchte, empfiehlt es sich, dies im Maklervertrag genau zu regeln (und sich dann natürlich daran zu halten). Wird vom Abschluss eines Versicherungsvertrages wieder Abstand genommen wird, ist es selbstverständlich ebenfalls ratsam, dies schriftlich zu fixieren. Das kann beiden Seiten unliebsame Überraschungen ersparen.

 

Über die Hans John Versicherungsmakler GmbH:

Die Hans John Versicherungsmakler GmbH aus Hamburg bietet mit einem Kompetenzteam u. a. aus Volljuristen und Versicherungskaufleuten einen Vollservice in der Vermögensschaden-Haftpflicht an – inklusive umfassender Betreuung im Schadensfall. Die Hans John Versicherungsmakler GmbH ist seit Jahren einer der Marktführer in ihrem Segment.

Ansprechpartner zu dieser Meldung:

Ass. jur. Rudolf Bauer, LL.M. Versicherungsrecht, Prokurist der Hans John Versicherungsmakler GmbH

E-Mail: schaden@haftpflichtexperten.de